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Nochmal zum Mitschreiben: Der sog. Nettokapitalexport hat mit Kreditgewährung nichts zu tun

Aktualisiert: 25. März 2019


Ein offenbar sehr aufmerksamer Leser von bto hat unseren Artikel über einen Cicero-Artikel zu Target2-Salden und Leistungsbilanzüberschüssen dort als Kommentar gepostet und dazu eine Antwort des Autors/Herausgebers erhalten.


1.


Wir lesen da zum einen, dass uns Daniel Stelter – vielen Dank dafür - eine technisch richtige Darstellung der Target2-Salden bestätigt, aber einschränkt, dass die Target2-Salden eine Forderung der Bundesbank gegen die EZB darstellen. 


Das, lieber Herr Stelter, haben wir nie bestritten. 


Sie hingegen vertreten in dem von Ihnen verfassten Cicero-Artikel die Auffassung, Deutschland „leihe“ in Form der Traget2-Salden Griechen und Italienern zinslos Geld. Aus der Tatsache, dass den zinslosen Forderungen der deutschen Bundesbank und andere Zentralbanken gegen die EZB spiegelbildlich insgesamt gleich große zinslose Verbindlichkeiten wiederum anderer Zentralbanken gegenüber der EZB gegenüberstehen, wird bei Ihnen ein „Darlehen“ der Target2-Gläubiger der EZB an die Target2-Schuldner der EZB.


Dabei besteht der Clou der Target2-Konstruktion genau darin, zum Schutz des reibungslosen Zahlungsverkehrs in der Währungsunion zu verhindern, dass eine Zentralbank der anderen dauerhaft Kredit gewährt. Das ist genau das Gegenteil dessen, was Sie behaupten. Sowohl die Deutsche Bundesbank wie auch die anderen nationalen Zentralbanken handeln im Auftrag der EZB. Die Target2-Salden existieren einzig und allein nur deshalb, weil die nationalen Zentralbanken weiterhin ihre Statistiken einzeln veröffentlichen. Würde sich die EZB entscheiden, nur eine einzige Bilanz zu veröffentlichen dann sieht man darauf keine Target2-Salden mehr. Nicht, weil sie unbequem sind, sondern weil es interne Buchungen sind die beim Blick auf das große Ganze entfallen. Target2-Forderungen sind statistische Konstrukte und keine Schulden mit Gläubiger und Schuldner. Target2-Salden ließen sich übrigens auch für Bundesländer berechnen und hier würde nie jemand auf die Idee kommen, dass die (sehr wahrscheinlich vorhandenen) Target2-Forderungen von Hessen gegenüber dem Rest der Republik irgendein Problem darstellen würden.


2.


Zum anderen bleibt Stelter offenbar dabei, dass „Deutschland seine Ersparnisse“ exportiert, auch wenn er im Zusammenhang mit Exportüberschüssen jetzt richtigerweise von „Forderungsaufbau“ deutscher Unternehmen spricht.


Wie kommt es zu diesem Widerspruch?


Tatsächlich gelten in der volkswirtschaftlichen Terminologie Exportüberschüsse als „Ersparnisse“, weil in Höhe des Überschusses von Exporten zu Importen kein inländischer Konsum (Erwerb kurzlebiger Konsumgüter) stattfindet. 


Wie wir hier schon gezeigt haben, teilt man in der volkswirtschaftlichen Terminologie die Verwendung von Einkommen in Konsumausgaben einerseits und alle anderen Verwendungen andererseits ein, die man dann pauschal als „Sparen“ bezeichnet.


Unser erster Tipp zur Vermeidung von Unklarheiten ist daher nochmals der Vorschlag, statt Sparen von „Vermögensaufbau“ zu sprechen, was ja genau dem durch Stelter gesehenen Nettoforderungsaufbau des Inlands gegenüber dem Ausland als Folge von Exportüberschüssen entspricht. Von „Ersparnissen, die ins Ausland verliehen“ werden, spricht Herr Stelter dann hoffentlich nicht mehr.


Unser zweiter Tipp betrifft das zutreffende Verständnis des Begriffs „Kapitalexport“, der kontraintuitiv den soeben beschriebenen Nettoforderungsaufbauals zwingendes Gegenstück von Exportüberschüssen bezeichnet.


Beim „Kapitalexport“ wird also gerade kein Geld ins Ausland überwiesen, wie sich das Stelter offenbar für die deutschen Geldersparnisse vorstellt, sondern nur die Tatsache beschrieben, dass als Leistungsbilanzüberschüsse nichts anderes bedeuten, als das Ausländer mehr deutsche Güter und Dienstleistungen gekauft hatten als Deutsche Güter und Dienstleistungen an den Rest der Welt. Dies hat dazu geführt, dass die Einlagen auf deutschen Girokonten mehr Eingänge als Abflüsse verzeichneten. Was die Exporteure dann mit dem zusätzlichen Geld auf dem Girokonto machen bleibt ihnen überlassen bzw. den Vermögensverwaltern, denen sie das Geld zuschieben.

Auf der Bankenebene empfangen die deutschen Banken mehr Euros auf ihren Konten bei der BuBa und damit indirekt bei der EZB als sie an das Ausland überweisen. Dies gilt nur dann, wenn es sofort zum Zahlungsausgleich kommt, nicht jedoch, wenn Interbankenkredite den Zahlungsausgleich in die Zukunft verschieben.


Das „exportierte Kapital“ sind also - soweit Exportüberschüsse betroffen sind - Zugewinne von Bankeinlagen des privaten Sektors (zusätzliches Neuvermögen) und Zugewinne von Reserven bzw. deren durch Kredit verursachten spätere Zugewinne – und keine „Ersparnisse“. In der Grafik ganz oben kann man schön sehen, dass vor der Krise Mitte 2007 es in der Eurozone keine großen Target2-Salden gab. Damit ist die Mär widerlegt, dass sich Ausländer finanziert durch Target2-Kredite der Bundesbank, so wie es die AfD in Person von Weidel behauptet, Güter in Deutschland gekauft hatten.


(Originaltitel dieses Beitrags war: Nochmal zum Mitschreiben: Der sog. Nettokapitalexport hat mit Kreditgewährung auf der Basis deutscher Ersparnisse an das Ausland nichts zu tun!)

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