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MMT ohne Jobgarantie (JG)? Fazit, Teil 1

Jeden Freitag veröffentlichen wir einen kurzen Beitrag von Randall Wray, der schrittweise eine umfassende Theorie aufbaut, wie Geld in souveränen Ländern "funktioniert". Die Beitragsserie entstammt der Einführung in die "Modern Monetary Theory" (MMT) von Randall Wray aus dem Jahre 2011 auf der Website „New Economic Perspectives“ und wurde von Michael Paetz und Robin Heber ins Deutsche übersetzt. Zudem wird Vorstandsmitglied Dirk Ehnts jeden Freitagabend von 19-20 Uhr auf Facebook Fragen zum Beitrag der Woche beantworten. Ihr könnt uns natürlich auch gerne Fragen über das Emailformular (unten auf dieser Seite) schicken.


Ich hatte die Analogie zwischen Krankheit und Arbeitslosigkeit hergestellt: Würde ein vernünftiger Mensch, der die Ursache einer Krankheit versteht, gegen eine Heilung sein? Wenn Sie wüssten, dass eine Impfung die Pocken verhindern kann, würden Sie sich dagegen wehren, Impfungen anzubieten (zumindest für diejenigen, die sie wollen - ich möchte nicht in eine Debatte über Zwangsimpfungen geraten, da wir nie dafür plädiert haben, denen, die nicht arbeiten wollen, Arbeitsplätze aufzuzwingen)?


Nun ist mir klar, dass dies kein ganz fairer Vergleich ist, denn es ist möglich, dass es viele Heilmittel für die Krankheit der Arbeitslosigkeit gibt. MMTler befürworten die JG-Kur. Ich bin offen für alternative Heilmittel. Ich höre nur keine, die von den Kritikern kommen.


Einige versuchen, sie zu ködern und zu täuschen: Geben wir ihnen ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) anstelle von Jobs. Das heilt aber nicht die Krankheit der Arbeitslosigkeit. Das ist so, als würde man Antibiotika statt Impfungen geben, um Polio zu bekämpfen. Sie versuchen das dann mit dem Argument zu rechtfertigen, dass, wenn wir den Menschen BGE geben, sie sich immer noch entscheiden können, zu arbeiten, wenn sie es wollen. Nein, das können sie nicht. Es muss Arbeitsplätze geben. Sicherlich ist es richtig, dass wenn man allen Menschen Antibiotika gibt, es sie nicht davon abhält, sich impfen zu lassen. Aber die Impfungen müssen verfügbar sein. Ich werde nicht weiter darüber streiten - das Argument ist einfach zu dumm. Ja, wir können den Menschen ein BGE geben, aber das gibt ihnen keine Arbeit. Wenn jemand unfreiwillig arbeitslos ist, will er einen Job haben. Das BGE wird die Krankheit der Arbeitslosigkeit nicht heilen.


Können wir BGE und JG haben? Sicher. Aber es ist die JG, welche die Krankheit der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit heilt. (Manche behaupten, ein BGE heile die Krankheit der Armut; ich bezweifle das, aber es ist eine andere Krankheit.)


Manche plädieren für einen reinen Nachfragestimulus. Die Theorie ist, dass, wenn die Regierung genug für die "allgemeine" Nachfrage ausgibt, Arbeitsplätze in ausreichender Zahl nach unten sickern werden, so dass jeder (?), der einen haben will, auch einen bekommt. Wenn man die Befürworter dazu drängt, werden sie zugeben, dass sie nicht wirklich "jeden" meinen. Sie meinen, dass die Rate der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit "ausreichend" reduziert werden wird. Ausreichend für wen? Nun, für diejenigen, die die Jobs bekommen.


Diejenigen, die die Jobs nicht bekommen, haben es nicht verdient. Mehr Glück im nächsten Jahr. Geh und qualifizier dich, damit du einen Job bekommst und ein anderer Pechvogel arbeitslos wird. Es gibt immer Gewinner und Verlierer - und du bist zufällig ein Verlierer. Wähle in deinem nächsten Leben bessere Eltern. Ihr wisst alle, wie es läuft. Und ja, das bedeutet, dass farbige Menschen eine dreimal so hohe Arbeitslosenquote haben wie die glücklicheren Weißen (und in den meisten Ländern haben Frauen eine höhere Arbeitslosenquote), aber das ist eben das Glück der Lotterie, wenn es um die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Nachfrageimpulse geht.


Auch dies ist ein Lockvogel-Argument. Die Ankurbelung der Gesamtnachfrage wird wahrscheinlich mehr Arbeitsplätze schaffen. Für alle? Nein.


Außerdem stellt sich die Frage, wofür man ausgeben soll. Abgesehen von zufälligen Helikopterabwürfen (oder Steuersenkungen) sind alle Ausgaben (und Steuersenkungen) zielgerichtet. Die Frage ist nur, für wen. Es ist wirklich seltsam, dass viele Gegner der JG die klare Zielrichtung des Programms nicht mögen, aber sie mögen die Zielgerichtetheit der vom Kongress genehmigten Ausgaben, die an die üblichen Verdächtigen gehen: große Oligopole, die dazu neigen, höher qualifizierte und besser bezahlte Arbeiter und eine starke Preissetzungsmacht zu haben, sowie die viel geschmähten "Straßen ins Nirgendwo". Und schließlich weicht man dem Problem der Inflation aus. Wenn Arbeitsplätze tatsächlich nach unten durchsickern, dann zumindest teilweise, weil die gezielte "allgemeine" Ankurbelung die Löhne und Preise in den begünstigten Sektoren so weit in die Höhe treibt, dass die Arbeitgeber sich nach Arbeitskräften umsehen, die weniger begehrt sind.


Können wir einen Nachfragestimulus plus eine JG haben? Sicher. Aber es ist die JG, die die Krankheit heilt.


Andere protestieren, dass das eine JG schlecht bezahlte Jobs schafft, die nicht alle Fähigkeiten der Arbeitskräfte nutzen. Daher löst es nicht wirklich alle Probleme der Arbeitslosigkeit, und deshalb brauchen wir stattdessen eine Kombination aus Nachfragestimulierung, Qualifikationsanpassungsdiensten und Umschulung. Wieder ein Lockvogel-Argument.


Während Nachfragestimulierung plus aktive Arbeitsmarktpolitik wünschenswert sind, stellen sie nicht sicher, dass ein ausreichendes Angebot an arbeitsfähigen Arbeitsplätzen geschaffen wird. Wie in früheren Beiträgen besprochen, nimmt die JG "die Arbeiter, wie sie sind, wo sie sind". Trainingsprogramme bilden Arbeitnehmer in der Hoffnung aus, dass es Arbeitsplätze geben wird und dass Arbeitgeber sie einstellen werden. Es ist eine auf Glauben basierende Politik.


Die JG schafft Arbeitsplätze für diejenigen, die sie haben wollen, und schult dann die Arbeiter für den Job. Wenn die besseren, besser bezahlten Jobs kommen, können sie die JG verlassen. In der Zwischenzeit haben sie den Job und dürfen zur gesellschaftlichen Produktion beitragen.


Manche argumentieren immer noch, dass die JG "nur" Workfare sei - dass man die Leute zur Arbeit zwinge. Nein. Es bietet einen Job für diejenigen, die einen wollen. Es stellt die unfreiwillig Arbeitslosen ein. Unfreiwillig beschreibt einen Zustand, den man nicht will; arbeitslos bedeutet ohne Job zu sein. Unfreiwillig Arbeitslose wollen Arbeit. Die JG bietet Arbeitsplätze an. Niemand ist gezwungen, einen anzunehmen.


Die JG kann zu jedem Sicherheitsnetz hinzugefügt werden, das die Gesellschaft will - zu unkonditionierten Programmen wie einem BGE oder konditionierten Programmen wie die Sozialhilfe. Das ist der Grund, warum ich sagte, dass die JG eine politische Erweiterung ist.


Erinnern Sie sich daran, dass ich die Diskussion über die JG mit einer Darstellung von Lerners funktionalem Finanzansatz für die Politik und mit einer Diskussion der Menschenrechte begonnen habe. Ersteres baut auf der "Staatsgeld"-Ansicht auf, dass die Regierung es sich leisten kann, alles zu kaufen, was in ihrer eigenen Währung verkauft wird. Daraus wird eine Politik abgeleitet, die besagt, was die Regierung tun SOLLTE: mehr ausgeben, wenn es Arbeitslosigkeit gibt.


Der zweite Ansatz betrachtet das Thema Arbeitslosigkeit aus dem Blickwinkel der Menschenrechte: Das Recht auf einen Arbeitsplatz gehört zu den international anerkannten Menschenrechten. Auch hier geht es darum, was die Regierung tun SOLLTE: sicherstellen, dass jeder, der arbeiten möchte, Zugang zu einem Arbeitsplatz hat. Dies ist mit Lerners Vorschlag kompatibel, geht aber noch weiter. Für Lerner ist Arbeitslosigkeit eine ökonomische Verschwendung - da die Regierung sich Vollbeschäftigung "leisten" kann, sollte sie diese auch sicherstellen. Aus der Perspektive der Menschenrechte ist Arbeitslosigkeit ein Beweis für die Verletzung von Menschenrechten.


Dies ist eindeutig eine Verletzung eines Menschenrechts durch die Regierung, da niemand erwarten sollte, dass gewinnorientierte Unternehmen dieses Recht gewährleisten. Nur die Regierung kann es sich "leisten", dieses Recht zu gewährleisten. Des Weiteren ist es die Position von MMT, dass die Auferlegung von Steuern eine Nachfrage nach Geld schafft - von Anfang an ist jemand mit einer Steuerschuld, aber ohne die Mittel, sie zu bezahlen, in gewissem Sinne "arbeitslos" und sucht nach einem Weg, das Geld zu verdienen, welches für die Zahlung der Steuer benötigt wird.


Auf die logische Spitze getrieben, können wir sagen, dass Arbeitslosigkeit durch das Geldsystem geschaffen wird (wie Paul Davidson immer betont: Nonnenkloster - Wirtschaftssysteme, die nicht auf Geld basieren, haben keine Arbeitslosigkeit), einem System, das von Anfang an von der Regierung geschaffen wurde, um Ressourcen in den öffentlichen Sektor zu verschieben. Somit ist Arbeitslosigkeit nicht nur ein Problem, das von der Regierung gelöst werden muss, sondern ein Problem, das von der Regierung geschaffen wird. Und die souveräne Regierung hat den Schlüssel: Sie stellt die Arbeitsplätze zur Verfügung. Warren Mosler sagt immer, dass die Arbeitslosen bereits im öffentlichen Sektor sind - wir müssen sie unterstützen und in irgendeiner Weise mit ihnen umgehen - also können wir sie genauso gut für den öffentlichen Sektor arbeiten lassen.


Nun muss ich zugeben, dass einige andere Befürworter von MMT den Menschenrechtsaspekt nicht akzeptieren. Aber ich tue es. Wie ich schon zuvor argumentiert habe, ist die Erfüllung von anerkannten Menschenrechten ein Ideal, welches selbst reiche, entwickelte und grundsätzlich demokratische Nationen immer wieder verletzen. Meiner Meinung nach schmälert dies aber nicht den Wert des Arguments.

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