Jeden Freitag veröffentlichen wir einen kurzen Beitrag von Randall Wray, der schrittweise eine umfassende Theorie aufbaut, wie Geld in souveränen Ländern "funktioniert". Die Beitragsserie entstammt der Einführung in die "Modern Monetary Theory" (MMT) von Randall Wray aus dem Jahre 2011 auf der Website „New Economic Perspectives“ und wurde von Michael Paetz und Robin Heber ins Deutsche übersetzt. Zudem wird Vorstandsmitglied Dirk Ehnts jeden Freitagabend von 19-20 Uhr auf Facebook Fragen zum Beitrag der Woche beantworten. Ihr könnt uns natürlich auch gerne Fragen über das Emailformular (unten auf dieser Seite) schicken.
Von L. Randall Wray
In früheren Beiträgen haben wir die Dreisalden-Identität untersucht und festgestellt, dass die Summe der Defizite und Überschüsse in den drei Sektoren (inländische private, staatliche und ausländische) null sein muss. Wir haben auch versucht, kausale Wirkungen abzuleiten, da es nicht ausreicht, nur Identitäten zu betrachten. Wir haben argumentiert, dass das Einkommen der privaten Haushalte zwar weitgehend die Ausgaben auf individueller Ebene bestimmt, dieser Zusammenhang sich auf gesamtwirtschaftlicher Ebene jedoch umkehrt: Hier bestimmen die Ausgaben das Einkommen.
Einzelne Haushalte können sicherlich entscheiden, weniger auszugeben, um mehr zu sparen. Aber wenn alle Haushalte versuchen würden, weniger auszugeben, würde dies den aggregierten Konsum (die Nachfrage) und damit das Volkseinkommen verringern. Die Unternehmen würden letztlich ihre Produktion drosseln, Arbeitnehmer entlassen, hierdurch die Lohnsumme reduzieren und damit das Haushaltseinkommen senken. Dies ist Keynes' bekanntes "Sparparadoxon" – der Versuch, durch verringerten Konsum mehr zu sparen, wird die Ersparnisse insgesamt nicht erhöhen. Hierauf werden wir in späteren MMT-Blogs noch detaillierter eingehen.
Angesichts der Defizithysterie, die die Vereinigten Staaten und viele andere Länder auch erfasst hat, ist das Thema jedoch hochaktuell. Im Gefolge der globalen Finanzkrise (GFK) sind die Sozialausgaben der Regierung (z. B. für Arbeitslosengeld) gestiegen, während die Steuereinnahmen eingebrochen sind. Das Defizit ist rapide gewachsen, was zu weit verbreiteten Ängsten vor einer Insolvenz oder eines Konkurses des Staates geführt hat (ein Thema, das ebenfalls in späteren Blogs noch vertieft wird). In Folge der wachsenden Defizite wurde versucht, staatliche Ausgaben zu senken und z.T. Steuern zu erhöhen, um die Defizite zu verringern. Im öffentlichen Diskurs (z. B. der USA, Großbritannien und Griechenland) wird davon ausgegangen, dass die Haushaltsdefizite der Regierung diskretionär sind, also in deren Ermessen liegen. Ganz nach dem Motto: Wenn die Regierung sich nur genug anstrengen würde, könnte sie ihr Defizit schon abbauen.
Wie ich in früheren Beiträgen (insbesondere in Antworten auf Nachfragen) argumentiert habe, muss jeder, der vorschlägt, die öffentlichen Defizite zu verringern, bereit sein, die entsprechenden Auswirkungen auf die anderen (privaten und ausländischen) Salden zu benennen. Schließlich ergibt sich aus der Identitätsgleichung sektoraler Salden, dass das Haushaltsdefizit nur verringert werden kann, wenn gleichzeitig der Überschuss des Privatsektors oder der Auslandsüberschuss (als Kehrseite des inländischen Leistungsbilanzdefizits) schrumpft. In diesem Blog betrachten wir nun den Anstieg des Haushaltsdefizits der US-Regierung seit dem Ausbruch der GFK. Wir werden uns fragen, ob das Defizit unter diskretionärer Kontrolle, also im eigenen Handlungsspielraum der Regierung, stand bzw. stehen könnte – falls nicht, so ergeben sich Fragen bzgl. der Versuche von Defizithysterikern, die Defizite beseitigen zu wollen.
Nach der Großen Rezession von 2007 bewegte sich der Haushalt der US-Bundesregierung stark in Richtung hoher Defizite. Während viele dies auf verschiedene Konjunkturpakete (einschließlich Rettungsaktionen der Autoindustrie und der Wall Street) zurückführten, ist der größte Teil des Anstiegs auf die automatischen Stabilisatoren zurückzuführen und nicht auf diskretionäre Ausgabenprogramme. Dies ist leicht in der folgenden Grafik zu sehen. Sie zeigt die Wachstumsrate der Steuereinnahmen (diese ergeben sich automatisch; Anm. der Red.: Tax Receipts), der Konsumausgaben des Staates (diese sind tw. diskretionär; Anm. der Red.: Consumption Expenditures) und der Transferzahlungen (die sich ebenfalls größtenteils automatisch ergeben; Anm. der Red.: Transfer Payments) im Vergleich Vorjahresquartal:
Im Jahr 2005 sprudelten die Steuereinnahmen, mit einer Wachstumsrate von 15 % pro Jahr. Damit wuchsen sie schneller als das BIP – wodurch sich die Einnahmen des nichtstaatlichen Sektors folglich verringerten – und schneller als die Staatsausgaben, die lediglich mit etwas mehr als 5 % anstiegen. Auf eine solch straffe Fiskalpolitik (auch fiskalische Bremse bezeichnet) folgt oft ein Abschwung – und der Abschwung, der die GFK begleitete, bildete hier keine Ausnahme. Als es soweit war, stiegen die Haushaltsdefizite, größtenteils automatisch. Während die Konsumausgaben des Staates während des Abschwungs (abgesehen von einem kurzen Anstieg in den Jahren 2007-2008) relativ stabil blieben, sank die Wachstumsrate der Steuereinnahmen außerordentlich stark von 5 % auf eine negative Wachstumsrate von -10 % innerhalb von nur drei Quartalen (von Q 4 / 2007 bis Q2 / 2008) und erreichte im ersten Quartal 2009 einen weiteren Tiefststand von -15 %. Die Steuereinnahmen brachen wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Die Transferzahlungen stiegen seit 2007 um durchschnittlich 10 %, wobei die höhere Rate zum Teil auf die schlechte wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen ist. Sinkende Steuereinnahmen in Kombination mit höheren Transferzahlungen haben den Haushalt, ungeachtet der vergleichsweise milden Ausgabenprogramme, automatisch in ein größeres Defizit getrieben. Die automatischen Stabilisatoren – und nicht die Rettungsaktionen oder Konjunkturprogramme – sind der Hauptgrund, warum die Volkswirtschaft nicht wie in der Großen Depression der 1930er Jahre in einen freien Fall geriet. Als sich die wirtschaftliche Entwicklung verlangsamte, geriet der Staatshaushalt automatisch in ein Defizit, das die Gesamtnachfrage auf einem gewissen Niveau stabilisierte. Mit antizyklischen Ausgaben (Arbeitslosengeld) und prozyklischen Steuern wirkt der Haushalt der Regierung als mächtiger automatischer Stabilisator: Die Defizite steigen in einem Abschwung stark an.
Die Expansion vor der GFK war hauptsächlich durch den Immobilienboom der 2000er Jahre ausgelöst worden, in dem sich die Haushalte in einem noch nie dagewesenem Ausmaß Geld liehen (und verausgabten). Wir haben bereits die drei Salden untersucht, die demonstrierten, dass der gesamte private Sektor (Anm. d. Red.: bestehend aus privaten Unternehmen und privaten Haushalten) im Vorfeld der GFK fast ein Jahrzehnt lang Geld auf Pump, also schuldenfinanziert, ausgegeben hat. Während des Clinton-Booms wurde etwa die Hälfte der Defizitausgaben von Unternehmen getätigt; im Boom der 2000er Jahre waren es jedoch ausschließlich die privaten Haushalte, die mehr ausgaben als sie einnahmen. Sowohl der Clinton-Boom als auch der Boom in den 2000er Jahren führten dazu, dass das staatliche Haushaltsdefizit zurückging (und während der Clinton-Jahre sogar tatsächlich einen hohen Überschuss erwirtschaftete).
Seit dem Crash hat der private Haushaltssektor seinen Konsum stark zurückgefahren (wie immer in der Rezession), und die Ersparnisse sind bis heute hoch. Langsames Wachstum war die Hauptursache für das rasch wachsende staatliche Haushaltsdefizit – und das langsame Wachstum wiederum ist auf eine hohe Sparneigung des schwächelnden privaten Haushaltssektors zurückzuführen. Schauen wir uns die nächste Grafik an (Dank an Dimitri Papadimitriou vom Levy Economics Institute für die Bereitstellung der nächsten beiden Graphen):
Was wir sehen, ist eine bemerkenswerte trendmäßige Verringerung der privaten Sparneigung (Anm. der Red.: Die „Propensity to save out of disposable Income“ entspricht dem Anteil der Ersparnis am verfügbaren Einkommen) seit Mitte der 80er Jahre. Die Ursachen hierfür zu untersuchen sprengt den Rahmen dieses Beitrags und wird hier nicht erörtert. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist der Anstieg der Verschuldung privater Haushalte. Dieser Trend drehte sich nach der GFK stark um, als private Haushalte wieder so sparen wollten wie 1992. Angesichts des Verlusts von Arbeitsplätzen und den bestenfalls stagnierenden Einkommen für die meisten Amerikaner erscheint die Vorstellung, dass die privaten Haushalte ihren Kurs der schwachen Konsumneigung drastisch umkehren, unwahrscheinlich.
Wie wir oben diskutiert haben, wird eine Verringerung des Staatsdefizits entweder erfordern, dass der private Sektor im Verhältnis mehr ausgibt als er einnimmt, oder, dass das US-Leistungsbilanzdefizit stark sinkt. Die Haushalte sind aber immer noch hoch verschuldet und tatsächlich brechen immer mehr Hausbesitzer unter ihren finanziellen Verpflichtungen zusammen – daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie ihre Ersparnisse wieder auf den Bereich von 2-3% reduzieren, wie in den 2000er Jahren. (Beachten Sie, dass die Ersparnis als Anteil des verfügbaren Einkommens nicht exakt mit dem Saldo des Haushaltssektors identisch ist, der in unsere Drei-Sektoren-Bilanzgleichung verwendet wird. Selbst bei einer nur geringen Sparquote haben die Haushalte tatsächlich mehr ausgegeben als sie einnahmen. Beachten Sie hierzu auch die Anmerkung am Ende dieses Beitrags.)
Eine weitere Möglichkeit, einen Überschuss im Staatshaushalt zu erhalten, ist ein Aufschwung im privaten Unternehmenssektor. Auch das ist angesichts hoher Arbeitslosigkeit, schwacher Inlandsnachfrage und stagnierender Umsätze unwahrscheinlich – die Investitionen der Unternehmen werden vermutlich nicht so stark wachsen. (Ich werde hier nicht darauf eingehen, aber es gibt viele Belege dafür, dass "investitionsgetriebene Booms" meistens Wohnimmobilien-Investitionsbooms sind – der Wohnungsbau ist in den Investitionszahlen enthalten – und es sieht nicht danach aus, dass wir in naher Zukunft noch mal einen Boom beim Wohnungsbau erleben werden.)
Die letzte Möglichkeit für einen positiven Staatshaushalt ist ein sinkendes Leistungsbilanzdefizit. Das folgende Diagramm zeigt die Im- und Exporte in der US-Leistungsbilanz.
Die Importe bewegen sich um 18 % des BIP (erholen sich seit der GFK stark) und die Exporte liegen bei 14 % des BIP – die Exporte steigen also, aber die Importe wachsen etwas schneller (das unterschiedliche Wachstum ist im Wesentlichen auf die Ölpreisentwicklung zurückzuführen). Es stimmt zwar, dass das Leistungsbilanzdefizit der USA in den letzten Monaten gesunken ist, aber es wird viel mehr Bewegung erforderlich sein, um tatsächlich in positives Terrain zu gelangen (eine Anpassung von mehr als 3 % des BIP wären hierzu erforderlich). Beachten Sie, dass das letzte Mal, dass wir tatsächlich eine positive Leistungsbilanz hatten, in der Ära der Bush Senior-Rezession war – also vor zwei Jahrzehnten.
Bedenken Sie zudem, dass für eine Verringerung des öffentlichen Defizits von derzeit etwa 9 % des BIP zu einem ausgeglichenem Haushalt eine Kombination aus einer Bewegung des Privatsektors in Richtung Defizit und einer Leistungsbilanzbewegung in Richtung eines Überschusses in einer Höhe von insgesamt 9 % des BIP erfordern würde. Das ist riesig. Das Problem ist, dass der Versuch, den Haushalt durch Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen auszugleichen, das Wirtschaftswachstum verringern könnte (ich denke, es würde tatsächlich zu einem starken Abschwung führen, ein kleiner Einbruch würde aber schon ausreichen). Ein geringeres Wirtschaftswachstum könnte unser Leistungsbilanzdefizit aus drei Gründen reduzieren – weil die Amerikaner dann zu arm werden, um Importe zu kaufen, weil Löhne und Preise in den USA gesenkt werden, um unsere Exporte wettbewerbsfähiger zu machen oder weil wir den Wert des Dollars verringern. Beachten Sie, dass alle diese Maßnahmen in der Praxis schmerzhafte Anpassungen für viele Amerikaner bedeuten. Und dass diese Maßnahmen auch scheitern könnten, weil sie davon ausgehen, dass die USA langsamer wachsen, ohne dass dies Wachstum der Weltwirtschaft beeinträchtigen würde – wenn dieses sich auch verlangsamt, werden die US-Exporte nicht steigen.
Nun bestehen Defizitbefürworter darauf, dass ein Zurückfahren des Staates zu einem schnelleren Wachstum des privaten Sektors führen wird. Wenn dies zutrifft, erleichtert es tatsächlich den Abbau des staatlichen Haushaltsdefizits – da sich die Bilanz des Privatsektors in Richtung Defizit verschlechtert. Auf der anderen Seite wird ein schnelleres Wachstum wahrscheinlich zu einer Verschlechterung des Leistungsbilanzdefizits führen (unsere Importe werden steigen; unsere Löhne und Preise werden nicht fallen; und der Dollar könnte an Stärke gewinnen). Dem wiederum muss eine Kombination aus tendenziell höheren Defiziten des Privatsektors und des öffentlichen Sektors gegenüberstehen. Die USA haben eine höhere Importneigung als unsere Handelspartner – das bedeutet, dass unsere Importe schneller wachsen als unsere Exporte, wenn wir ungefähr so schnell wachsen wie der Rest der Welt,.
Um den Staatshaushalt auszugleichen, müssen wir also schneller wachsen, aber ein schnelleres Wachstum wird wahrscheinlich unser Leistungsbilanzdefizit erhöhen, so dass die Identität der drei Salden entweder bedeutet, dass unser Privatsektor zu übermäßigen Ausgaben zurückkehrt (wie in der Vergangenheit). oder dass das Defizit der Regierung nicht verringert werden kann. Es ist in etwa so, als ob man sich zwischen Pest und Cholera entscheiden müsste. Das Haushaltsdefizit durch schnelleres Wachstum zu verringern, bedeutet, dass wir tatsächlich größere Haushaltsschulden und ein größeres Leistungsbilanzdefizit akzeptieren.
Das ist das Problem bei Analysen und politischen Empfehlungen, welche die drei Salden nicht berücksichtigen – sie ignorieren die impliziten Auswirkungen auf die anderen Salden.
Zusammengefasst gilt: Erstens müssen sich die drei Salden zu Null addieren. Dies bedeutet, dass es unmöglich ist, einen der Salden zu ändern, ohne dass sich mindestens ein anderer Saldo ändert. Zweitens bestimmen die gesamtwirtschaftlichen Ausgaben (den Großteil) des Einkommens. Ein Sektor kann aber nur dann mehr ausgeben als er einnimmt, wenn ein anderer weniger ausgibt. Während wir die Staatsausgaben mehr oder weniger als diskretionär, also als eine steuerbare Größe, ansehen können, hängen die staatlichen Steuereinnahmen (das staatliche Einkommen) weitgehend von der Wirtschaftsleistung ab. Schaubild 1 hat gezeigt, dass das Wachstum der Steuereinnahmen stark schwankt und sich prozyklisch bewegt (schnell ansteigend im Aufschwung und stark fallend im Einbruch).
Die Regierung kann immer entscheiden, mehr auszugeben (sie ist natürlich politisch eingeschränkt), und sie kann immer beschließen, die Steuersätze zu erhöhen (ebenfalls unter Berücksichtigung politischer Zwänge), aber sie kann nicht entscheiden, wie hoch ihre Steuereinnahmen sein werden. Denn der Steuersatz wird auf Größen wie Einkommen und Vermögen angewandt, die außerhalb der staatlichen Kontrolle liegen. Und das bedeutet, dass das Haushaltsergebnis – Überschuss, Defizit oder ausgeglichener Haushalt – nicht wirklich von der Regierung gewählt werden kann.
Was unseren ausländischen Sektor betrifft, so sind die Exporte weitgehend außerhalb der Kontrolle der USA (wir sagen, sie sind "exogen" oder "autonom bezüglich des US-Einkommens"). Sie hängen von vielen Faktoren ab, darunter das Wachstum in der übrigen Welt, die US-Wechselkurse, die Handelspolitik sowie die relativen Preise und Löhne (Bemühungen der USA, die Exporte zu steigern, werden mit ziemlicher Sicherheit zu Reaktionen des Auslands führen). Es stimmt, dass die wirtschaftliche Entwicklung der USA die Exporte beeinflussen kann (wie bereits erwähnt, kann ein langsameres US-Wachstum das globale Wachstum verlangsamen) – aber die genauen Auswirkungen der Exportpolitik sind ungewiss.
Auf der anderen Seite hängen die US-Importe weitgehend vom US-Einkommen ab (sowie von den Wechselkursen, relativen Löhnen und Preisen und der Handelspolitik; noch mal, wenn die USA versuchen, Importe zu reduzieren, würde dies mit ziemlicher Sicherheit zu Reaktionen der Handelspartner führen, die ein exportorientiertes Wachstum verfolgen). Auch die Importe sind weitgehend prozyklisch. Daher kann unser Leistungsbilanzergebnis – ob Defizit, Überschuss oder ausgeglichene Bilanz – ebenfalls weitgehend nicht von uns gewählt werden.
Was ist hingegen diskretionär beeinflussbar (Anm. der Red.: kann von der Regierung gesteuert werden)? Die Inlandsausgaben – von Haushalten, Unternehmen und der Regierung – sind zu weiten Teilen beeinflussbar. Und die gesamtwirtschaftlichen Ausgaben bestimmen maßgeblich unser Einkommen. Sektorale Salden sollten hingegen in der Regel als nicht-wählbar angesehen werden, da sie auf sehr komplexe Weise von wählbaren und nicht-wählbaren Größen abhängen und von den Bilanz-Identitäten restringiert werden. Es ist sinnvoll, staatliche Ausgaben zu erhöhen, welche die inländischen Ressourcen in die Nähe der Kapazitätsauslastung bringen, und der Entwicklung sektoraler Salden freien Lauf zu lassen. Wie wir in den kommenden Monaten sehen werden, besteht die beste einheimische Finanzpolitik darin, Vollbeschäftigung und Preisstabilität zu verfolgen – und nicht darin, willkürlich gesetzte Staatsdefizite oder Schuldengrenzen zu erzielen, die ohnehin größtenteils nicht wählbar sind.
Anmerkungen
Anmerkung 1: Die Hauptunterschiede zwischen der persönlichen Sparquote und der Nettogeldvermögensbildung der privaten Haushalte in % des BIP sind die folgenden (Dank an Scott Fullwiler):
Die Nettogeldvermögensbildung der privaten Haushalte wird im Verhältnis zum BIP gemessen, während die persönliche Sparquote im Verhältnis des verfügbaren Einkommens (Anm. der Red.: Einkommen nach Steuerabzug) gemessen wird.
Zur Berechnung der Nettogeldvermögensbildung der privaten Haushalte werden alle Ausgaben abgezogen, einschließlich Konsum und Wohninvestitionen, während die persönliche Ersparnis nur die Konsumausgaben enthält.
Ein paar zusätzliche kleinere Unterschiede für die, die es genau wissen wollen:
Bei der Berechnung der Nettogeldvermögensbildung wird eine Zulage für den Kapitalverbrauch der privaten Haushalte hinzugefügt (sogenannte Abschreibungen), bei der persönlichen Sparquote nicht,
Bei der Berechnung der Nettogeldvermögensbildung privater Haushalte werden Versicherungs- und Rentenreserven des Regierungssektors hinzugerechnet, bei der persönlichen Sparquote nicht, und
Die Nettogeldvermögensbildung enthält Lohnrückstellungen abzüglich der Ausschüttungen von Unternehmen an Haushalte, welche die persönliche Sparquote nicht enthält.
Anmerkung 2: Dank an die MMT-Gang. Sie wissen, wer gemeint ist.
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