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Auswirkungen von staatlichen Haushaltsdefiziten auf Ersparnisse, Reserven und Zinssätze, Fortsetzung

Jeden Freitag veröffentlichen wir einen kurzen Beitrag von Randall Wray, der schrittweise eine umfassende Theorie aufbaut, wie Geld in souveränen Ländern "funktioniert". Die Beitragsserie entstammt der Einführung in die "Modern Monetary Theory" (MMT) von Randall Wray aus dem Jahre 2011 auf der Website „New Economic Perspectives“ und wurde von Michael Paetz und Robin Heber ins Deutsche übersetzt. Zudem wird Vorstandsmitglied Dirk Ehnts jeden Freitagabend von 19-20 Uhr auf Facebook Fragen zum Beitrag der Woche beantworten. Ihr könnt uns natürlich auch gerne Fragen über das Emailformular (unten auf dieser Seite) schicken.


Komplikationen und private Präferenzen

Gegen die Behauptung, dass Staatsausgaben effektiv durch die gleichzeitige Gutschrift des Bankkontos des Empfängers und der Reserven der Bank erfolgen, gibt es oft zwei Einwände: a) es muss doch komplizierter sein; und b) was, wenn die Ausgaben und Portfolio-Präferenzen des Privatsektors nicht mit dem Haushaltsresultat der Regierung übereinstimmen?

Der erste dieser Einwände wurde in einer langen Reihe von veröffentlichten Artikeln und Diskussionspapieren sorgfältig behandelt (von Bell (alias Kelton), Bell and Wray, Wray, Fullwiler und Rezende, die sich mit den konkreten operativen Prozessen in den USA, Kanada und Brasilien befassen; ich werde an späterer Stelle Literaturhinweise geben sowie weitere Details darstellen). In der Praxis kann das Finanzministerium das Guthaben auf Bankkonten nicht direkt erhöhen, wenn es Ausgaben tätigen will.

Vielmehr ist eine komplexe Reihe von Schritten erforderlich, an denen das Finanzministerium, die Zentralbank und die Privatbanken jedes Mal mitwirken, wenn das Finanzministerium Ausgaben tätigt oder Steuern erhebt. Die Zentralbank und das Finanzministerium entwickeln Verfahren, um sicherzustellen, dass Ausgaben getätigt werden können, die Steuerzahlungen an das Finanzministerium nicht zu geplatzten Schecks führen und - noch wichtiger - dass keine Probleme hinsichtlich des Reservebestands im Bankensystem auftreten. Das Endergebnis ist zwar genau wie oben beschrieben (Ausgaben des Finanzministeriums führen zu Bankgutschriften, Steuern führen zu Belastungen von Bankguthaben, und Haushaltsdefizite bedeuten Nettogutschriften sowohl auf Sichteinlagen als auch auf Bankreserven), aber die Details sind etwas komplizierter.

Dies wirft oft eine weitere Frage auf: Was wäre, wenn die Zentralbank die Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium verweigern würde? Die Antwort lautet, dass die Zentralbank ihr Ziel für den Tagesgeldzins verfehlen würde (und schließlich das Zahlungssystem gefährden würde, weil Schecks anfangen würden zu platzen). Die Leser werden auf die umfangreiche Literatur rund um die Zusammenarbeit der beiden Institutionen verwiesen (weitere Einzelheiten zum Thema folgen in einem späteren Beitrag). Laien können sicher sein, dass die obige simple Erklärung ausreicht: Die Schlussfolgerung einer tieferen Analyse lautet, dass Staatsdefizite zu Nettoguthaben an Reserven führen und, bei unerwünschten Überschussreserven, diese durch Anleiheverkäufe dem System wieder entzogen werden, um den Zielzinssatz der Zentralbank aufrechtzuerhalten.

Die operative Auswirkung von Anleiheverkäufen besteht darin, dass Reserveguthaben durch Staatsanleihen ersetzt werden - es ist, als führten die Banken ein Sparkonto bei der Zentralbank (mit Staatsanleihen) anstelle eines Girokontos (mit Zentralbankreserven). Dies geschieht, um den Abwärtsdruck auf den Tagesgeldzinssatz zu verringern.

Was den zweiten Einwand betrifft, so müssen wir zunächst festhalten, dass, wenn der finanzpolitische Kurs der Regierung nicht mit der gewünschten Sparrate des nichtstaatlichen Sektors in Einklang steht, die Ausgaben und Einnahmen eben angepasst werden, bis das fiskalische Ergebnis und der Saldo des nichtstaatlichen Sektors übereinstimmen. Wenn die Regierung zum Beispiel versucht, ein Defizit zu erzielen, das größer ist als der gewünschte Überschuss des nichtstaatlichen Sektors, dann führt dies zu Anpassungsreaktionen wie höheren Ausgaben des nichtstaatlichen Sektors (geringere nichtstaatliche Ersparnis und geringeres Haushaltsdefizit), größeren Steuereinnahmen (also geringeres Haushaltsdefizit und geringere private Ersparnis) oder höheren Einnahmen des nichtstaatlichen Sektors (also größere gewünschte Ersparnis in Höhe des höheren Defizits).

Da die Steuereinnahmen (und ein Teil der Staatsausgaben) endogen durch die Wirtschaftsentwicklung bestimmt werden, wird der finanzpolitische Kurs zumindest teilweise endogen bestimmt; ebenso wird der tatsächliche Saldo des nichtstaatlichen Sektors endogen durch die Einkommensentwicklung und Sparneigung bestimmt. Aufgrund der (bereits dargelegten) buchhalterischen Identität ist es nicht möglich, dass der Saldo des nichtstaatlichen Sektors vom Saldo des Staates abweicht (mit umgekehrtem Vorzeichen - der eine weist ein Defizit und der andere einen Überschuss auf); dies bedeutet auch, dass es unmöglich ist, dass die aggregierte Ersparnis des nichtstaatlichen Sektors geringer (oder größer) ist als das Haushaltsdefizit.

Das sind also die allgemeinen Antworten auf diese Einwände. Ich werde später einen detailreichen Beitrag mit weiteren Einzelheiten verfassen. Nächste Woche werden wir uns eingehender mit den Determinanten der privaten Sparquote befassen.

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