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Der Multiplikatoreffekt, Investitionen und die Ersparnis

Ein Thema der Ökonomie, welches bis heute nicht hinreichend verstanden worden ist, ist die Identität von Ersparnis und Investitionen (S=I). Eine Identität ist eine definitorische Gleichung und selbst keine Theorie, wobei aber die Definition immer vor einem theoretischen Hintergrund geschieht. Wenn wir für jetzt akzeptieren, dass es eine gute Idee ist, über Investitionen und Ersparnisse zu reden, wenn es um makroökonomische Fragen geht, dann kommen wir schnell zu einem Problem. Und zwar wird in vielen Lehrbüchern auf Tabellen wie die folgende abgestellt.


Die erste Spalte gibt die verschiedenen Zeitpunkt an, die weiteren zeigen die imaginären Werte einer ebenso imaginären Ökonomie für Investitionen (I), Ersparnis (S), Konsum (C), Veränderung des Konsums (Delta C), Produktion (Y) und deren Veränderung in Zahlen (Delta Y) und in Formeln (letzte Spalte). In der Tabelle wird dann eine dauerhafte Erhöhung der Investitionen betrachtet, die von 40 auf 50 steigen.


Beim Betrachten der dritten Spalte - der Ersparnis - fällt auf, dass die Ersparnis langsam ansteigt, bis sie ebenfalls auf 50 gestiegen ist. Erst dann entspricht die Ersparnis wieder der Investition. Dieser keynesianische Anpassungsprozess - die Details sind unerheblich - des Multiplikators wird dann als keynesianische Ökonomie ausgewiesen. Wie aber passt das mit der Identität von S=I zusammen? Antwort: gar nicht!


Eine Identität gilt immer und überall. Die Ersparnis muss also in jedem Zeitpunkt der Investition entsprechen. (Es gibt nur eine Ausnahme: eine Erhöhung der Ersparnis kann zu weniger Verkäufen führen, was die Lagerhaltung erhöht - diese wird als Investition verbucht.) Basil Moore hat das in einem Papier, welches Sie hierherunterladen können, ziemlich klar analysiert. Eine Abweichung der Ersparnis von der Investition ist nicht möglich, und es kann daher auch keinen Anpassungsprozess geben, der die Ökonomie und damit I=S nach einem "Schock" der Investitionen wieder "ins Gleichgewicht bringt". Natürlich kann postuliert werden, dass Einkommen zu 80% verkonsumiert werden. Dadurch würde der Anstieg der Investitionen die Produktion und damit das BIP mehr als um die Investitionen erhöhen. Die Ersparnis allerdings geht sofort mit den Investitionen hoch und bleibt dort.


Die neue Tabelle verdeutlicht dies. Die Ersparnis steigt sofort mit auf 50, und die restlichen Variablen bleiben unverändert. So bekommen wir das gleiche Ergebnis, nur gilt halt auch zu jeder Zeit S=I bzw. I=S. Warum ist das wichtig?


Die korrekte "Buchhaltung" der Ersparnis macht deutlich, dass diese sich passiv an andere Variablen der Ökonomie anpasst. Hier spiegelt sie eine Erhöhung der Investitionen wieder. Diese werden durch Kredite finanziert und nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen, durch Ersparnis. Wer die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR), der diese Themen zuzuordnen sind, verstanden hat, der versteht besser die Rolle der Banken und ihrer Kreditschöpfung im Wirtschaftsprozess.


Eine höhere kreditfinanzierte Investition bringt die Wirtschaft auf Touren, nicht aber eine Erhöhung der Ersparnis! 

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