Jeden Freitag veröffentlichen wir einen kurzen Beitrag von Randall Wray, der schrittweise eine umfassende Theorie aufbaut, wie Geld in souveränen Ländern "funktioniert". Die Beitragsserie entstammt der Einführung in die "Modern Monetary Theory" (MMT) von Randall Wray aus dem Jahre 2011 auf der Website „New Economic Perspectives“ und wurde von Michael Paetz und Robin Heber ins Deutsche übersetzt. Zudem wird Vorstandsmitglied Dirk Ehnts jeden Freitagabend von 19-20 Uhr auf Facebook Fragen zum Beitrag der Woche beantworten. Ihr könnt uns natürlich auch gerne Fragen über das Emailformular (unten auf dieser Seite) schicken.
Von L. Randall Wray
Ein weiterer Rettungsplan für die europäische Währungsunion (EWU) bahnt sich seinen Weg durch Mitteleuropa - mit der EZB als Kreditgeber der letzten Instanz (Lender of Last Resort) für die Euro-Banken. Sie versucht es mit der bewährten und gescheiterten Rettungsmethode der Fed. Wie wir inzwischen wissen, hat die Fed mehr als 29 Billionen Dollar verliehen und ausgegeben, um (hauptsächlich) US-Banken zu retten. Es hat nicht funktioniert. Die größten Banken sind nach wie vor zahlungsunfähig und haben ihre massiven Betrügereien fortgesetzt, um ihre Insolvenzen zu vertuschen. Mit einer massiven Kreditvergabe durch die Zentralbank kann man keine Zahlungsunfähigkeit auf dem Papier überspielen. Und die Euroland-Probleme werden durch die Insolvenzen praktisch aller ihrer Mitgliedstaaten noch verschärft.
Sicherlich haben wir auch wahrscheinliche Insolvenzen einiger unserer US-Bundesstaaten - aber wir haben eine souveräne Regierung, die letztendlich das Richtige tun wird (wie Herr Churchill bekanntlich sagte, kommen die Amerikaner erst dazu, nachdem sie zunächst alles andere ausprobiert haben). Aber die Euro-Staaten haben keine souveräne Regierung, die ihnen Rückendeckung gibt. Und bedenken Sie, dass die EZB nach wie vor nicht bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen. Ein katastrophaler Finanzkollaps und eine mögliche Große Depression 2.0 bleiben das wahrscheinlichste Szenario.
Wie ist die Euro-Zone in ein solches Chaos geraten? Erster Teil: Privatverschuldung
Wir alle kennen die Lieblingsgeschichte, die erzählt wird: verschwenderische Regierungen im Mittelmeerraum haben ihre Haushalte gesprengt und damit die Krise ausgelöst. Wären sie nur dem Beispiel Deutschlands gefolgt - wie sie es nach ihrem Beitritt zum Euro hätten tun sollen -, dann hätte die EWU gut funktioniert.
Während die Geschichte der Haushaltsüberschüsse selbst im Falle der Griechen zu weit hergeholt ist, trifft sie für Irland und Island - oder sogar für Spanien -, die alle bis zum Ausbruch der Krise geringe Haushaltsdefizite (oder sogar Überschüsse) aufwiesen, gar nicht zu. In Wahrheit gab es zwei Probleme.
Erstens sind die Schulden des privaten Sektors in vielen Euroländern in die Höhe geschossen, nachdem das Finanzsystem dereguliert und der Aufsicht entzogen worden war. Dieses Problem als Staatsschuldenproblem zu bezeichnen, ist ziemlich irreführend. Die Dynamik ist sicherlich komplex, aber es ist klar, dass es etwas gibt, das das Schuldenwachstum in der entwickelten Welt vorantreibt, das sich nicht auf ausufernde Haushaltsdefizite reduzieren lässt. Es macht auch keinen Sinn, mit dem Finger auf die Mittelmeerländer zu zeigen, denn es ist (weitgehend) die englischsprachige Welt der USA, Großbritanniens, Kanadas und Australiens, in der die Verschuldung der Haushalte am stärksten angestiegen ist - die Gesamtverschuldung der USA erreichte 500% des BIP, wovon allein auf die Verschuldung privater Haushalte 100% und auf die Verschuldung der Finanzinstitute 125% entfallen.
Werfen Sie einen Blick auf folgende Grafik, welche die Schuldenquoten für den privaten und staatlichen Sektor zeigt:
Es liegt auf der Hand, dass bis 2007 die wirklich großen Schuldenquoten im privaten Sektor lagen. Die Geschichte ist der der USA sehr ähnlich. Aber beachten Sie, dass das Problem in den Ländern mit geringer Staatsverschuldung tendenziell schlimmer ist - es besteht ein umgekehrtes Verhältnis zwischen den privaten und den staatlichen Schuldenquoten. Warum ist das so?
Wie wir aus früheren Beiträgen wissen, zeigt die sektorale Saldenidentität, dass der inländische private Saldo der Summe des inländischen öffentlichen Saldos abzüglich des externen Saldos entspricht. Anders ausgedrückt: Wenn eine Nation (z.B. die USA) ein Leistungsbilanzdefizit aufweist, dann ist der inländische private Saldo (private Haushalte plus Unternehmen) gleich dem staatlichen Saldo abzüglich des Leistungsbilanzdefizits. Ein Beispiel: Wenn die USA ein Leistungsbilanzdefizit von 5% des BIP und ein Haushaltsdefizit von 10% des BIP aufweisen, dann hat der inländische Sektor einen Überschuss von 5%; oder wenn das Leistungsbilanzdefizit 8% des BIP und das Haushaltsdefizit 3% beträgt, dann muss der private Sektor ein Defizit von 5% aufweisen, also Schulden machen.
Nebenbei bemerkt: Der Grund dafür, dass die ausstehenden Schulden des privaten und öffentlichen Sektors in den meisten Industrieländern im Verhältnis zum BIP zugenommen haben, liegt daran, dass wir einen Anstieg der Leistungsbilanzüberschüsse in den BRIC-Ländern (und anderen Ländern - insbesondere in Asien) erlebt haben. Dieser entsprach in der Summe den Leistungsbilanzdefiziten der westlichen Industrieländer. An sich ist dies weder gut noch schlecht. Aber im Laufe der Zeit wurden die Schuldenquoten und damit die Schuldendienstverpflichtungen der westlichen inländischen Privatsektoren zu groß. Dies war ein wichtiger Faktor für die globale Finanzkrise.
Die Austeritätsbefürworter sehen die Lösung in einer Straffung des Gürtels, insbesondere für Ausgaben der westlichen Regierungen. Aber ein schlanker Staat verlangsamt tendenziell das Wachstum, erhöht die Arbeitslosigkeit und damit die Schuldenlast des privaten Sektors. Die Idee ist, dass dadurch die Staatsverschuldung und die Defizitquoten gesenkt werden, aber in der Praxis funktioniert das aufgrund der Auswirkungen auf den inländischen Privatsektor nicht. Eine Straffung des fiskalischen Kurses kann nur dann in Verbindung mit einer Reduzierung der Schulden und Defizite des privaten Sektors erfolgen, wenn dadurch die Leistungsbilanzdefizite irgendwie verringert werden. So verlassen sich viele Nationen auf der ganzen Welt auf Leistungsbilanzüberschüsse, um das inländische Wachstum anzukurbeln und die Salden der inländischen Regierung und des privaten Sektors hoch zu halten. Daher reagieren sie auf die fiskalische Straffung ihrer Handelspartner entweder durch Abwertung ihrer Wechselkurse oder durch Senkung ihrer Arbeitskosten (Löhne). Der Versuch sich preislich zu unterbieten löst letztendlich eine Art moderne merkantilistische Spirale aus, die zu einem Wettlauf nach unten führt, den nur wenige westliche Länder gewinnen können.
Deutschland hat sich allerdings auf eine solche Dynamik spezialisiert und seine Karten gut gespielt. Es hat die Entwicklung der Nominallöhne niedrig gehalten und gleichzeitig die Produktivität stark erhöht. Das Ergebnis ist, dass es trotz eines recht hohen Lebensstandards zu einem Niedriglohnproduzenten in Europa geworden ist. Angesichts der Produktivitätsvorteile kann es sich trotz einer anscheinend überbewerteten Währung mit den Nicht-Euro-Ländern messen. Für Deutschland ist der Euro aber deutlich unterbewertet - auch wenn er in den meisten Euronationen als überbewertet gilt. Das Ergebnis ist, dass Deutschland einen Leistungsbilanzüberschuss realisiert hat, der es dem inländischen Privatsektor und der Regierung ermöglichte, relativ geringe Defizite zu verzeichnen. Die Gesamtverschuldung Deutschlands liegt bei 200% des BIP und damit etwa 50%-Punkte unter dem Durchschnitt der Eurozone.
Es überrascht nicht, dass die Identität der sektoralen Salden die Peripherieländer besonders hart trifft, da sie unter dem für sie überbewerteten Euro und einer geringeren Produktivität als Deutschland leiden. Bei einer defizitären Leistungsbilanz ist es keine Überraschung, dass die Mittelmeerländer eine größere Schuldenlast des Staates und des privaten Sektors haben.
Nun, wenn das Zentrum Europas die Saldenmechanik verstehen würde, wäre es offensichtlich, dass die relativ "besseren" Salden Deutschlands auf den relativ "schlechteren" Salden der Peripherie beruhen. Wenn jede von ihnen eine eigene Währung hätte, bestünde die Lösung darin, die Wechselkurse so anzupassen, dass ihre Schuldner eine Abwertung durchführen, während die deutsche Währung aufwertet. Da dies innerhalb des Euro nicht möglich ist, wäre die einzige Preisanpassung, die funktionieren könnte, entweder steigende Löhne und Preise in Deutschland oder sinkende Löhne und Preise in der Peripherie. Aber die Politik der EZB, der Bundesbank und der EU im Allgemeinen wird keine signifikante Lohn- und Preisinflation im Zentrum zulassen. Die einzige Lösung ist daher ein anhaltender Deflationsdruck in der Peripherie. Diese Dynamik führt zu einem langsamen Wachstum und verschärft die Probleme der Schuldenlast.
Wie ist die Euro-Zone in ein solches Chaos geraten? Zweiter Teil: Staatsverschuldung
Sicherlich ist das Problem der privaten Verschuldung, welches mit der innereuropäischen Dynamik eines starken merkantilistischen Deutschlands im Zentrum zusammenhängt, für sich genommen schon sehr schwer zu lösen. Aber die Euro-Zone hat ein noch fataleres Problem: den Euro selbst. Wenden wir uns also diesem zweiten Problem zu.
Der grundlegende Fehler bei der Errichtung der EWU war die Trennung der Nationen von ihren Währungen. Es ist ein System, das zum Scheitern verurteilt war. Es wäre wie die USA ohne Washington - jeder Staat wäre nicht nur für die Staatsausgaben, sondern auch für die soziale Sicherheit, das Gesundheitswesen, Naturkatastrophen und die Rettung von Finanzinstitutionen innerhalb seiner Grenzen voll verantwortlich. In den USA fallen all diese Verantwortlichkeiten unter die Aufsicht der Herausgeber der nationalen Währung - der Fed und des Finanzministeriums. Tatsächlich spielt die Fed eine untergeordnete Rolle, da es ihr wie der EZB verboten ist, staatliche Schuldverschreibungen direkt aufzukaufen. Sie kann nur an Finanzinstitutionen Kredite vergeben und Staatsschulden auf dem offenen Markt kaufen. Sie kann zur Stabilisierung des Finanzsystems beitragen, aber sie kann nur Dollar verleihen, nicht ausgeben. Das Finanzministerium gibt sie aus. Wenn der Kongress nicht damit beschäftigt ist, auf Kindergartenniveau über Schuldenobergrenzen zu streiten, funktioniert dieses Arrangement relativ gut - ein Hurrikan am Golf führt dazu, dass die Ausgaben des Finanzministeriums die Probleme lindern. Eine nationale wirtschaftliche Katastrophe erzeugt ein Bundeshaushaltsdefizit von 5 oder 10 Prozent des BIP, um die Folgen zu verringern.
Das kann in der Eurozone nicht passieren, weil der Haushalt des Euro-Parlaments weniger als ein Prozent des BIP beträgt. Es war klar, dass die erste ernsthafte europaweite Finanzkrise diese Mängel aufdecken würde, und das hat sie getan.
Die Mitgliedstaaten wurden durch die Euro-Einführung zu Bundestaaten, ähnlich wie die US-Bundesstaaten, aber mit zwei wesentlichen Unterschieden. Erstens: Während sich die US-Bundesstaaten auf fiskalische Transfers aus Washington verlassen können und dies auch tun, weil Washington einen Haushalt kontrolliert, der mehr als ein Fünftel des US-BIP ausmacht, haben die Mitgliedstaaten des Euro-Parlaments ein unterfinanziertes Europäisches Parlament mit einem Gesamthaushalt, der weniger als 1% des europäischen BIP beträgt. (Und es ist noch schlimmer: die Finanzierung des Parlaments erfolgt durch die Mitgliedstaaten!)
Dies bedeutete, dass die Mitgliedsstaaten nicht nur für die laufenden Ausgaben für die Sozialfürsorge (Gesundheitsfürsorge, Rente, Armutsbekämpfung) verantwortlich waren, sondern sich auch der Herausforderung von Wirtschafts- und Finanzkrisen stellen mussten.
Der zweite Unterschied besteht darin, dass die Maastricht-Kriterien viel zu lasch waren und unverschämt hohe Haushaltsdefizite und Regierungsdebatten zuließen. Die meisten Kritiker hatten immer (fälschlicherweise) argumentiert, die Maastricht-Kriterien seien zu eng gefasst und hinderten die Mitgliedstaaten zu sehr daran, genügend Gesamtnachfrage hinzuzufügen, um ihre Volkswirtschaften bei Vollbeschäftigung in Schwung zu halten. Es stimmt, dass die Staatsausgaben in ganz Europa chronisch zu niedrig waren, wie die chronisch hohe Arbeitslosigkeit und das schwache Wachstum in den meisten Ländern belegen. Aber da diese Staaten im Wesentlichen eine Fremdwährung - den Euro - ausgaben und sich in dieser Währung verschuldeten, ließen die Maastricht-Kriterien Defizite und Schulden zu, die unangemessen waren.
Werfen wir einen Blick auf die US-Bundesstaaten. Bis auf zwei Staaten haben alle Vorgaben für einen ausgeglichenen Haushalt, die in den Verfassungen der Bundesstaaten festgeschrieben sind - und alle werden von den Märkten diszipliniert, um ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Wenn ein Bundesstaat das Jahr mit einem Defizit abschließt, muss er mit einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit durch unsere guten Freunde, die Kreditbewertungsagenturen, rechnen. (Ja, dieselben Leute, die der Meinung waren, dass Bündel von Müll-Hypotheken mit AAA bewertet werden sollten - aber das ist heute nicht das Thema). Das würde dazu führen, dass die von den Staaten für ihre Anleihen gezahlten Zinssätze steigen, was die Haushaltsdefizite erhöhen und einen Teufelskreis von Herabstufungen, Zinserhöhungen und wachsenden Defiziten anstoßen würde. Eine Mischung aus Sparmaßnahmen, Schuldnerausfällen und fiskalischen Transfers der Bundesregierungen hält also die Haushaltsdefizite der US-Bundesstaaten niedrig.
(Ja, ich weiß, dass viele Bundesstaaten - insbesondere Kalifornien - derzeit vor dem Weltuntergang stehen, da die globale Krise zu einem Einnahmeeinbruch geführt und die Defizite zum Explodieren gebracht hat. Dies ist keine Ausnahme, sondern zeigt vielmehr mein Argument).
Die folgende Tabelle zeigt die Schuldenquoten einer Auswahl von US-Bundesstaaten. Beachten Sie, dass keines von ihnen auch nur 20% des BIP erreicht, weniger als ein Drittel der Maastricht-Kriterien.
Im Gegensatz dazu wiesen die Euro-Staaten eine wesentlich höhere Schuldenquote auf – lediglich Irland kam den niedrigen Quoten nahe, die wir in den US-Bundesstaaten sehen (die Rote Linie wird stellt das Maastricht-Kriterium von 60 % dar).
Um es klar zu sagen: Keine dieser Schuldenquoten ist für eine souveräne Regierung, die ihre eigene Währung ausgibt, zu hoch. Denken Sie daran, dass Japans Staatsschuldenquote 200% beträgt - und sein Zinssatz seit zwei Jahrzehnten nahe Null liegt. Aber sie sind zu hoch für nicht souveräne Nationen, die eine Fremdwährung verwenden.
MMT-Anhänger glaubten, dass die "Disziplin" des Marktes letztlich zu Schulden- und Defizitgrenzen weit unter den Maastricht-Kriterien führen würde - zu Schuldenquoten, die näher an denen der US-Bundesstaaten liegen. Und mit keiner fiskalischen Autorität im Zentrum, die der des US-Finanzministeriums entsprechen würde, würde die erste ernsthafte Wirtschafts- oder Finanzkrise die Mängel der Euro-Ausgestaltung aufdecken. Denn die Krise würde dazu führen, dass die Defizite und Schulden der Mitgliedsstaaten stetig wachsen würden. Gleichzeitig würden die Märkte erkennen, dass die Euro-Mitgliedsstaaten den US-Staaten sehr ähnlich sind, aber ohne den Rückhalt eines europäischen Finanzministeriums.
Und genau das ist geschehen.
Sicherlich haben die Märkte nicht gleichzeitig gegen alle Mitgliedsstaaten agiert. Wenn man darüber nachdenkt, macht dies auch Sinn. Es besteht der Wunsch, in Euro denominierte Schulden zu halten - der Euro ist eine starke Währung, und ein Großteil der Welt möchte europäische Exporte kaufen. Also verließen die Märkte Griechenland und Irland und jetzt Italien, aber sie müssen dann andere Euro-Schulden aufnehmen. Da Deutschland das stärkste Mitglied und bei weitem der größte Exporteur ist, profitiert es am meisten von dem Wettlauf gegen die Peripherieländer.
Da Deutschland jedoch ein Nettoexporteur mit einem relativ geringen Haushaltsdefizit ist, ist es schwierig, deutsche Schulden zu bekommen. Der größte Emittent von Schulden war Italien, und die Märkte glaubten fest daran, dass ein Land wie Italien aufgrund seiner riesigen Verschuldung, vergleichbar mit der Bank of America, zu groß ist, um es bankrottgehen zu lassen (too big to fail). Dasselbe gilt für Frankreich und Spanien. Daher sind die Zinsen für Griechenland, Irland und Portugal zunächst angestiegen, aber erst vor kurzem die für Spanien und Italien.
Aber nach der Vereinbarung, eines "freiwilligen" Schuldenschnitts von 50% auf griechische Anleihen, kann kein umsichtiger Investor mehr so tun, als ob Italien, Spanien oder sogar Frankreich und Deutschland eine sichere Wette wären. Vertrauensbasierte Investitionen in Euro-Schulden sind vorbei. Und beachten Sie, dass unsere befreundeten Rating-Agenturen, wenn die stärkeren Nationen Spanien oder Italien wirklich aus der Patsche helfen, die starken Nationen schnell herabstufen werden, weil sie Gelder zur Rettung ihrer Nachbarn beisteuern (sie drohen jetzt sogar Frankreich). Selbst Deutschland wird nicht sicher sein, wenn es sich an einer Rettungsaktion für Italien beteiligt, indem es Gelder zusagt.
Es gibt also ein „Verdammt-wenn-du-es-tust“ und „Verdammt-wenn-du-es-nicht-tust“-Dilemma. Eine Rettungsaktion von Mitgliedsstaaten bedroht die EWU, indem sie die starken Staaten belastet und schließlich zu Fall bringt; und Italien ausfallen zu lassen, würde den Märkten lediglich beweisen, dass kein Mitgliedsstaat sicher ist.
Und aus diesem Grund spielt es keine Rolle, wie viel die EZB den Eurobanken leiht - die Banken wären verrückt, Staatsschulden aufzukaufen. Und es ist schwer vorstellbar, dass irgendein US-Vermögensverwalter ein Argument dafür vorbringen kann, dass es immer noch klug ist, in Euro-Schulden zu investieren.
Viele Kritiker der EWU geben seit langem der EZB die Schuld für das schleppende Wachstum, insbesondere in den Peripherieländern. Das Argument ist, dass sie die Zinssätze zu hoch hielt, um Vollbeschäftigung zu erreichen. Ich habe das immer für falsch gehalten - nicht, weil ich nicht der Meinung bin, dass niedrigere Zinssätze wünschenswert sind, sondern weil selbst bei der bestmöglichen Zentralbank das eigentliche Problem in der Ausgestaltung der fiskalpolitischen Zwänge lag. In der Tat haben Claudio Sardoni und ich vor einigen Jahren gezeigt, dass die Politik der EZB nicht wesentlich restriktiver war als die der Fed - aber die Wirtschaftsleistung der USA war durchweg besser. Der Unterschied war die Fiskalpolitik - Washington verfügte über einen Haushalt, der mehr als 20% des BIP betrug, und hatte in der Regel ein Haushaltsdefizit von mehreren Prozent des BIP. Im Gegensatz dazu konnte der Haushalt des EU-Parlaments niemals ein solches Defizit aufweisen. Einzelne Nationen versuchten, die Lücke mit Defiziten ihrer eigenen Regierungen zu füllen, was zu den Problemen führte, die wir heute sehen.
Gibt es eine Lösung?
Sobald man die Schwäche der EWU verstanden hat, ist es nicht schwer, Lösungen zu finden. Dazu gehören die Erweiterung des finanzpolitischen Spielraums des EU-Parlaments - sagen wir, die Aufstockung seines Haushalts auf 15% des BIP mit der Fähigkeit zur Ausgabe von Schuldverschreibungen. Ob die Ausgabenentscheidungen zentralisiert werden sollten, ist eine politische Frage - die Mittel könnten auch einfach auf die einzelnen Staaten auf einer Pro-Kopf-Basis übertragen werden.
Dies kann auch durch die EZB geschehen: Man ändert die Regeln so, dass die EZB beispielsweise jedes Jahr einen Betrag in Höhe von 6 % des BIP der Eurozone in Form von Staatsschulden der EWU-Mitglieder ankaufen kann. Als Käufer kann sie den Zinssatz festlegen - am besten wäre es, diese zum Tagesgeld-Zielzinssatz der EZB oder mit einem Aufschlag darüber zu kaufen. Auch hier würde die Zuteilung auf Pro-Kopf-Basis unter den Mitgliedern erfolgen. Einzelne Mitglieder könnten auch weiterhin zusätzliche Anleihen an den Märkten herausgeben, so dass sie die von der EZB gekaufte Anleiheemission übertreffen könnten - viele US-Bundesstaaten emittieren ebenfalls Anleihen.
Man kann sich Variationen dieses Vorschlags vorstellen, wie z.B. die Schaffung einer EWU-weiten, von der EZB unterstützten Finanzierungsbehörde, die Schulden emittiert, um Staatsschulden von einzelnen Staaten aufzukaufen. Wesentlich ist jedoch, dass die Unterstützung aus der Mitte kommt - die EZB oder die EU stehen hinter den Schulden.
Kein noch so großes Vertrauen in die europäische Integration wird die Mängel weiter überdecken. Eine umfassende Rettung durch die EZB - die bereit sein muss, ALLE Schulden der Mitgliedsstaaten zu einem Preis zu kaufen, der die Schuldendienstkosten unter 3% hält - sowie die Schaffung eines zentralen fiskalischen Mechanismus von einer Größenordnung, die den Bedürfnissen der Eurozone angemessen ist, ist der einzige Ausweg. Wenn diese Maßnahmen nicht ergriffen werden - und zwar bald - bleibt nur noch die Auflösung der Union.
Die Rückkehr zur Regel "eine Nation - eine Währung" würde es jeder Nation schließlich ermöglichen, den nationalen wirtschaftspolitischen Spielraum zurückzuerobern, indem sie zu ihrer eigenen Währung zurückkehrt. Es gab nie ein starkes Argument für die Einführung des Euro, und die Schwächen wurden nun aufgedeckt. Die Währungsunion ohne Steuerunion war ein Irrtum.
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