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EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeuré zur Staatsverschuldung in der Eurozone


Das Dezernat Zukunft hat sich die Mühe gemacht, eine wichtige Rede des EZB-Direktoriumsmitglieds Benoit Coeuré ins Deutsche zu übesetzen. An dieser Stelle wollen wir kurz den wichtigsten Punkt wiedergeben, nämlich den der Frage ob die Staatsverschuldung eine ist. In anderen Worten: Kann die EZB die Staaten so finanzieren, dass die Staatsanleihen sicher sind? Wenn dies geklärt ist, schliesst sich die Frage an, ob das eine gute Idee ist. 


Hier sind die beiden wichtigen Absätze:


Daher ist die Fähigkeit, Fiskalpolitik antizyklisch nutzen zu können, von entscheidender Bedeutung, was bedeutet, dass Regierungen Zugang zu einer Form von Vermögenswerten haben müssen, die in Krisenzeiten als sicherer Hafen dienen können. Andernfalls wird schuldenfinanzierte Finanzpolitik in der Tat destabilisierend sein, da sie die Kurse von Staatsanleihen drückt, Ratingherabstufungen auslöst und über die von mir bereits beschriebenen Kanäle das Finanzsystem destabilisiert.


[...]


Europa braucht Reformen, wenn seine Staatsanleihen den vielfältigen gesellschaftliche Erwartungen gerecht werden sollen: als Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmittel für Kapitalmarktteilnehmer, als sichere Verbindlichkeit, die die Regierungen in die Lage versetzt, ihre Stabilisierungsrolle wahrzunehmen, und als Maß für das staatliche Ausfallrisiko, das Anreize für Regierungen und Marktteilnehmer schafft. Die Alternative—die Sicherung der Staatsverschuldung durch eine pauschale Zentralbankgarantie—ist bei Ökonomen beliebt,[25] wurde aber in den EU Verträgen entschieden abgelehnt, meiner Meinung nach aus guten Gründen.


Coeuré argumentiert zwischendurch für die Einführung einer europäischen Fiskalkapazität. Er ist also mitnichten der Meinung, dass ein "weiter so" angebracht ist. Kernfrage also für die Zukunft Europas ist nach Meinung von Coueré diese: Bekommen wir es hin, in Krisenzeiten eine Institution auf europäischer Ebene zu haben, die durch zusätzliche Ausgaben die Wirtschaft in der Eurozone stabilisiert?


An dieser Frage wird sich wohl die politische Zukunft Europas entscheiden. Hoffentlich wird es dazu in Deutschland eine öffentliche Debatte geben, denn ansonsten droht hier eine politische Entscheidung den Finanzmärkten und ungewählten technokratischen Institutionen wie der EZB überlassen zu werden. Schön, dass Dezernat Zukunft das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt hat!

 
 
 

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